Präsentieren vor US-Publikum: What’s your Story?

Storytelling ist ein wichtiger Teil der amerikanischen Kommunikationskultur und wird auch bei Präsentationen vom Publikum erwartet

27. Oktober 2023 | von Elke Framson

 

Eine Anekdote aus dem persönlichen Umfeld, ein Erfahrungsbericht aus dem eigenen Leben oder eine «Hero’s Journey», die schildert, wie aus der Idee im Kopf trotz zahlreicher Hürden ein erfolgreiches Unternehmen wurde. Geschichten sollten in Ihrer Präsentation vor amerikanischem Publikum nicht fehlen, wenn Sie wollen, dass man Ihnen zuhört.

Ich erinnere mich noch gut an einen Abend vor etwa vier Jahren, als ich zu einem Vortrag an einer amerikanischen Business School eingeladen war. Der Vortragende war ein deutscher Wirtschaftswissenschaftler. Im Saal hatten sich etwa 30 Studierende und einige Lehrende eingefunden, und nach einer kurzen Vorstellung ging es dann auch gleich los: Folien mit Tabellen und Charts, Erklärungen und Hintergrundinformationen, viel datenfokussierter Content, der den Anwesenden tiefe Einblicke ins Thema gab.

Eigentlich alles bestens. Dennoch, als ich mich nach etwa 15 Minuten im Saal umsah, war eines ziemlich klar: Viele im Publikum waren nicht mehr bei der Sache. Manche blickten gelangweilt auf ihre Handys, andere gähnten verhalten und ein paar hatten sogar die Augen geschlossen. Die meisten würden wohl sehr wenig aus diesem Vortrag mitnehmen und in Erinnerung behalten, obwohl kein Zweifel an der Expertise des Vortragenden bestand.

Kulturunterschiede DACH und USA

Das mit den Kulturunterschieden ist eine heikle Sache, denn es gibt keine absoluten Wahrheiten, die immer und überall zutreffen. Dennoch lassen sich kulturspezifische Tendenzen beobachten und beschreiben, die als Orientierungshilfe dienen können.

Im deutschsprachigen Raum ist man daran gewöhnt, bei einer Präsentation Informationen losgelöst von persönlichen Erfahrungen und Erlebnissen zu bekommen. Im Vordergrund steht die Vermittlung von Daten. In den USA sind die Erwartungen anders, egal ob Sie an einer Universität einen Vortrag halten oder bei einem Geschäftstreffen Ihre Ideen und Produkte vorstellen. Da brauchen Sie eine Story.

Geschichten sind ein wichtiger Bestandteil des amerikanischen Kommunikationsstils: Geschichten mit bewegenden Momenten, leichtem Humor, außergewöhnlichen Erlebnissen sowie alltäglichen Begebenheiten. «Storytelling» ist auch bei Präsentationen wichtig.

Wenn Sie also wollen, dass man Ihnen Aufmerksamkeit schenkt und zuhört, dann müssen Sie auf die Erwartungen Ihrer Zielgruppe eingehen und Methoden anwenden, die bei der Zielgruppe wirken. Das Integrieren von Erlebnissen und Erfahrungen ist eine davon.

Der Sinn der Geschichte

Untersuchungen zeigen, dass wir uns Daten, die gemeinsam mit Bildern und Geschichten präsentiert werden, viel besser merken können als Fakten und Zahlen allein. Das hat damit zu tun, wie unser Gehirn die Informationen verarbeitet.

Janine Kurnoff und Lee Lazarus beschreiben die Sinnhaftigkeit von Geschichten in ihrem Buch Everyday Business Storytelling (2021, 10): „We’re far more likely to remember stories because they ignite our right brain. Our right brain lets us take in new information and then feel and imagine things.“ Geschichten regen unsere Fantasie an und bleiben besser im Gehirn hängen.

Storytelling ist erlernbar

Vielleicht denken Sie jetzt: Es ist schon schwer genug für mich, den Inhalt meiner Folien auf Englisch zu lernen und möglichst fehlerfrei vorzutragen. Und jetzt soll ich auch noch Geschichten erzählen?

Nach meinen Erfahrungen löst die Aufgabe des Storytellings vor allem folgende Ängste und Sorgen aus:

  • Mein Englisch ist nicht gut genug! Wie soll ich das flüssig und locker rüberbringen? Geschichten kommen schließlich nur dann gut an, wenn sie flüssig und sprachgewandt erzählt werden. Wird es zu holprig, dann leidet auch die Effektivität. Sie haben Angst davor, dass Ihre Sprachkenntnisse für müheloses Erzählen nicht reichen.
  • Wie weiß ich, was beim Publikum ankommt? Wie weiß ich, was die Anwesenden nachvollziehen können? Die Wahl einer passenden Geschichte erfordert tiefgreifende Kenntnisse über die Zielgruppe und deren Kultur, damit das Erzählte tatsächlich wirkt und nicht einen befremdlichen Effekt hat. Und ja, es gibt auch Situationen, wo eine Story tatsächlich nicht passt. Die Entscheidung, was man sagen kann und soll (und was nicht), verunsichert Sie.
  • Das ist kindisch und dumm! Vielleicht finden Sie es unangemessen oder gar dumm, in einer professionellen Situation eine Geschichte zu erzählen. Storytelling liegt außerhalb Ihrer Komfortzone und Sie fühlen sich nicht wohl dabei.

All diese Ängste und Sorgen sind gerechtfertigt. Die gute Nachricht: Storytelling is a learnable skill. Sie können lernen, wie man Geschichten effektiv in Präsentationen integrieren kann und mit der Zeit auch Routine dabei entwickeln.

Fünf Tipps zum Einstieg

Je nach Sprachniveau und Kulturkenntnisse braucht die Entwicklung der benötigten Kompetenzen ein wenig Geduld und Übung – und möglicherweise auch Hilfe von außen.

Hier sind ein paar Tipps zum Einstieg ins Storytelling:

  1. Nehmen Sie sich Zeit, Ihr Publikum kennenzulernen. Versuchen Sie, so viel wie möglich über Ihre Zielgruppe herauszufinden. Das ist wichtig, denn nicht jede Geschichte passt für jede Zielgruppe. Überlegen Sie auch, ob die Zuhörenden das Erzählte überhaupt nachvollziehen können.
  2. Achten Sie auf die Relevanz der Geschichte. Ihre Geschichte muss nicht nur für Ihre Zielgruppe und Situation passen, sondern auch zu Ihrem Thema. Ziel ist es, Ihr Anliegen oder Ihre Idee zu illustrieren und stärken, nicht davon abzulenken. Heben Sie die Botschaft Ihrer Story durch Wendungen, wie „The point of this story is…“
  3. Verwenden Sie einfache und klare Sprache. Machen Sie es Ihrem Publikum nicht unnötig schwer, Ihrer Erzählung zu folgen. Vermeiden Sie komplizierte Satzkonstruktionen. Das ist nicht nur einfacher für die Zuhörenden, sondern reduziert auch die Wahrscheinlichkeit, dass Sie sich in der Aufregung verhaspeln.
  4. Erzählen Sie Ihre Story in einem animierten Tonfall: Die Effektivität einer Geschichte ergibt sich nicht nur aus dem Inhalt, sondern auch aus der Darbietung. Verwenden Sie einen der Situation und Zielgruppe angepassten Gesprächston. Scheuen Sie sich nicht davor, mit Enthusiasmus zu sprechen. Das erhöht Ihre Chancen, Ihr Publikum ebenfalls zu begeistern.
  5. Setzen Sie Geschichten strategisch ein, um die Aufmerksamkeit der Zuhörenden zu gewinnen und nicht zu verlieren. Eine kurze Story kann zum Beispiel ein wirksamer Einstieg in eine Präsentation sein, sie kann aber auch dazu verwendet werden, komplexe Daten zu illustrieren und den «trockeneren» Teil Ihrer Präsentation aufzubrechen.

Sie können die längere Originalversion dieses Artikels auch im Englischen lesen: https://www.transatlantic-coaching.com/post/presentation-skills-reach-your-audience-with-a-story

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