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«Erfolgreiche Startups hören den Kunden genau zu»

Die grössten Kommunikationsfehler von Startups? Zu akademisch denken und zu früh mit Investoren sprechen. Startup-Coach Jan Fülscher über die richtige Kommunikation für Jungunternehmen - und darüber, welche Sätze er am liebsten gar nie hören würde.

Verena Parzer-Epp

Veröffentlicht: 11 November 2024

Das Problem suchen

Lieber Jan, Du berätst seit mehr als zwanzig Jahren Startups auf der Suche nach dem perfekten Geschäftsmodell. Hast Du gezählt, wieviel es waren? Führst Du irgendeine Statistik?

Es waren Hunderte…. Ich habe nicht Buch geführt.

Mich interessiert vor allem die Kommunikation. Wie gehen Deine Coachees mit diesem Thema um?

Sehr häufig beobachte ich, dass sie von innen nach aussen kommunizieren. «Meine» Gründer:innen kommen vielfach aus dem akademischem Umfeld. Sie gehen dann von ihrer Welt und ihren Gedankenbildern aus und versuchen, andere davon zu überzeugen.

Diese Strategie ist selten erfolgreich.

Du hast bestimmt auch Naturtalente erlebt. Welche Vorgehensweise wählen sie?

Gründerinnen und Gründer, die erfolgreich kommunizieren, helfen ihren Kunden beim Innovieren. Sie hören genau zu und passen ihre Sprache jener der Kunden an, um ihre Lösung erfolgreich zu platzieren. Zu diesem Thema gibt es ein tolles Buch: «Fall in Love with the Problem, not the Solution» von Uri Levine.

Branchenkenntnis ist zentral

Was war die schlimmste Kommunikation, die Du beobachtet hast?

Oh, da gibt es mehrere Beispiele. Einmal hat jemand einen Kunden beschimpft, er sei zu blöd, um das Produkt zu verstehen.

Ich kann Dir arg fehlgeleitete Kommunikation auch allgemeiner beschreiben: Am schlimmsten ist es immer dann, wenn die Leute die Branche und ihre Gepflogenheiten nicht kennen. Gute Entrepreneure machen das Gegenteil: Sie kennen den Markt ihrer Kunden sehr genau und verstehen das Problem, das sie lösen wollen, bis ins kleinste Detail.

«Sie hören genau zu und passen ihre Sprache jener der Kunden an, um ihre Lösung erfolgreich zu platzieren.»

Man liest ständig, wieviel einfacher die Kommunikationsarbeit dank KI nun ist. Beobachtest Du solches bei Deinen Coachees?

Nicht generell, wobei die Erklärung hier sehr einfach ist: Ohne Fachwissen geht auch mit KI wenig.  Die KI liefert jeweils dann sehr gute Ergebnisse, wenn der Prompt eine entsprechende Qualität hat. Für die Erstellung von Investoren Pitches – mein Fachgebiet  –  habe ich ein spezielles GPT für meine Coachees gebaut. Ich hoffe, es erleichtert ihnen die Arbeit.

Kunden suchen statt mit Investoren reden

Reden wir übers Timing. Wann wird Kommunikation für ein Start-up wichtig?

Mit den Kunden: ab Tag 1. Mit den Investoren, vor allem Finanzinvestoren: so spät wie möglich und erst, wenn der Businesscase für die Investoren wirklich klar ist. Das ist normalerweise erst der Fall, wenn die Firma Geld verdient.

Warum soll man nicht auch früh mit Investoren reden?

Weil Investorengespräche wahnsinnig viel Zeit brauchen und die Energie in die falschen Kanäle lenken. Es gibt viele wichtigere Aufgaben in der ersten Zeit: Kunden suchen (z.B. für den Bau von Prototypen), Netzwerk und Wissen aufbauen – also Mehrwert generieren. Geld ist, wenn es zu früh kommt oder zu viel ist, eine «dumme», oft ineffektive Ressource und wird häufig nicht zielführend eingesetzt.

«Konservative Finanzplanung! Dieser Ausdruck bringt mich regelmässig auf die Palme.»

Ein Werkzeug zum Brückenbauen

Jan Fülscher

Jan ist Startup-Coach und Mentor, begleitet Gründerzentren im Aufbau und unterrichtet an Hochschulen.

Gibt es Sätze, die Du am liebsten gar nie von Gründer:innen hören möchtest?

Konservative Finanzplanung! Dieser Ausdruck bringt mich regelmässig auf die Palme. Startups können, selbst wenn sie das gerne möchten, nicht wirklich planen – der Erfolg eines Startups hängt von ganz vielen Faktoren ab, die das Startup nicht kontrollieren kann. Zudem: Wenn man mit einer neuen Technik in den Markt geht, hat man noch keine Ahnung. Statt einer pseudo-genauen Finanzplanung möchte ich vom Gründerteam viel lieber erfahren, wie das Geschäftsmodell funktioniert, wie also das Unternehmen sein Geld verdienen soll.

Zweifel kommen mir auch, sobald ich höre: «Wir möchten nur 1 bis 2 Prozent des Marktes erobern». Das erste Prozent – noch mehr das erste Promille – ist das härteste!

Ein weiterer Evergreen: «Es gibt keine Mitbewerber». Für diesen Satz gibt es zwei mögliche Erklärungen: Entweder interessiert sich niemand für das Produkt, oder es wurde keine saubere Marktanalyse gemacht. Es gibt tatsächlich immer Mitbewerber, der härteste ist der Status quo.

Super! Somit haben wir drei gefährliche Fettnäpfchen identifiziert. Lass uns zum Schluss noch über Success Stories reden: Woran erkennst Du erfolgreiche Kommunikation bei einem Startup?

An den Resultaten, die sie hervorbringt. Kommunikation ist ein Werkzeug, um Brücken zu bauen und Ziele zu erreichen. Gelingt die Konversion?

Ein guter Indikator ist für mich die «Acceptance Rate». Wie viele Gesprächseinladungen folgen auf die Anfragen?

Jan Fülscher

Jan ist Startup-Coach und Mentor, begleitet Gründerzentren im Aufbau und unterrichtet an Hochschulen.