Wenn die Kommunikation zum Schleudersitz für Führungskräfte wird

Weshalb Wegducken und Weichspülen keine guten Strategien sind

13. Oktober 2023 | von Nicole Rütti

 

Es sind Rücktritte, die jüngst für Aufsehen gesorgt haben: Die Chefin von Ruag, Brigitte Beck, musste nach einem knappen Jahr die Führung des Rüstungskonzerns wieder abgeben. Der Grund sind Kontroversen um öffentliche Auftritte von Beck Anfang des Jahres.

Auch bei Lonza kam es vor ein paar Wochen an der Führungsspitze zum Eklat. Lonza-Chef Pierre-Alain Ruffieux hat den Pharmazulieferer überraschend per Ende September verlassen. Ihm wurden ungenügende Führungs- und Kommunikationsfähigkeiten vorgeworfen.

Kommunikation als Schleudersitz DALL·E 2023 10 12 16.53.49 Abstract oil painting A leader depicted in delicate pastel shades is on an ejector seat poised to rise. The background is a tranquil wash of soft

Kommunikationspannen bilden oftmals den direkten Anlass für den Rücktritt von Managern. (Bild: Dall.E)

Von gröberen Kommunikationspannen war der Niedergang der Credit Suisse begleitet. Nach jahrzehntelangen Skandalen gelang es auch dem letzten Führungsduo (CEO Ulrich Körner und VRP Axel Lehmann) nicht mehr, das Vertrauen von Kunden und Investoren zurückzugewinnen. Das lag nicht zuletzt an einer missglückten Kommunikation. Vor der Präsentation der neuen Strategie war die Führung der Grossbank monatelang auf Tauchstation gegangen. Und als der Plan schliesslich spruchreif war, glaubten Investoren und Kunden nicht mehr daran, dass Körner und Lehmann der Turnaround gelingen würde.

Wenn Führungskräfte versagen, sind zwar meist andere Gründe als eine schlechte Kommunikation ausschlaggebend – ungenügende Performance, fehlende Strategie, schwacher Aktienkurs oder Machtkämpfe. Aber Kommunikationspannen bilden oftmals den direkten Anlass für den Rücktritt eines Managers.

Wie lassen sie sich verhindern? Und was zeichnet eine gute Kommunikation aus? Dies sind meiner Ansicht nach die zentralen Faktoren, die Führungskräfte beachten sollten:

Erkennen Sie den zentralen Stellenwert der Kommunikation: Kommunikation braucht ausreichende Ressourcen, denn sie ist der Transmissionsriemen schlechthin, um die Strategie glaubwürdig sowohl gegen innen als auch gegen aussen zu vermitteln. Sie ist der effektivste Weg, um Vertrauen gegenüber dem Unternehmen und seiner Führung zu stärken. Eine kohärente, zielgerichtete und für Aussenstehende nachvollziehbare Strategie ist das A und O.

Umgeben Sie sich mit Personen, die Ihnen auch widersprechen. Vielen Führungskräften ist die Fähigkeit des Zuhörens und sich mit anderen Argumenten, Interessen oder Befindlichkeiten auseinanderzusetzen, abhandengekommen. Sie haben Mühe, ein konstruktiv kritisches Umfeld um sich herum zu akzeptieren oder gar aktiv zu fördern. Das führt zu fehlenden Impulsen. Die Gefahr ist gross, dass die eigene Wahrnehmung mit der Realität gleichgesetzt wird. Reflexionsräume mit ungefilterten und auch kritischen Informationen für die Firmenleitung sind zentral. Gerade Führungskräfte sollten sich mit Personen umgeben, die aus einer anderen Perspektive auf Themen schauen und es wagen, die Ideen des Chefs kritisch zu hinterfragen.

Ziehen Sie Ihr Team mit: Kommunikation ist heute kein linearer Prozess mehr und schon gar nicht nur Chefsache, da die Mitarbeitenden auf Social Media das Image des Unternehmens mitprägen. Sie können das für sich nutzen, indem Sie Ihr Team aktiv einbinden und motivieren. Spornen Sie es an, Hürden zu überwinden, über sich hinauszuwachsen und die vereinbarten Ziele gemeinsam zu erreichen – und feiern Sie Erfolge gemeinsam. 

Räumen Sie Fehler ein, ohne zu beschönigen: In jeder Organisation gibt es auch schwierige Momente. Dann ist in der Regel Offenheit die beste Strategie, um weiteren Reputationsschaden abzuwenden. Führungskräfte sollten sich weniger auf die Rechtsabteilung oder Kommunikationsberater verlassen, wenn diese darauf abzielen, Kommunikation weichzuspülen und mögliche juristische Konsequenzen zu minimieren. Es braucht viel Rückgrat, aufrichtig zu kommunizieren und Fehler einzuräumen. Doch langfristig ist dies der einzige Weg, um Vertrauen zu schaffen. Führungskräfte sollten glaubhaft vermitteln können, dass das Unternehmensinteresse zu jedem Zeitpunkt über dem eigenen Interesse steht.

Sagen, was man tut, und tun, was man sagt: Der Leitspruch des ehemaligen deutschen Bundespräsidenten Johannes Rau gilt auch in der Wirtschaft. Beispielhaft war zudem der authentische und klare Kommunikationsstil von Mario Draghi. Sein «Whatever it takes», mit dem er vor Jahren auf dem Höhepunkt der Euro-Krise als Chef der Europäischen Zentralbank die Finanzmärkte beruhigte, ist in die Geschichte eingegangen. Vermeiden Sie dabei, Erwartungen zu wecken, die Sie nicht erfüllen können. Berechenbarkeit ist in der Kommunikation eine harte Währung.

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